Nach vielen Jahren der Abwesenheit fuhr die „Wilhelmine“ mal wieder zu „(Lütten) Sail“ nach Bremerhaven. Trotz des wechselhaften Wetters war der Aufenthalt dort besonders für die jungen Mitglieder der Crew etwas Besonderes. Aufgrund der schönen ErLlebnisse war das Schiff 2010 erneut auf der Sail vertreten.
Dieses Jahr sollte ein erneuter Wendepunkt im Leben der „Wilhelmine“ werden. Durch die knappe Kasse der Stadt mußte diese das Schiff abgeben. Daher wurde der Gruppe das Schiff als Schenkung angeboten und empfohlen, das Projekt als Verein weiterzuführen. Die Alternative wäre der Verkauf gewesen.
So wurde im Oktober der Gemeinnützige Verein zur Pflege alter Seemannschaft „Wilhelmine von Stade“ e.V. gegründet. Finanziert wird der Verein u. a. durch die Mitgliedsbeiträge, Einnahmen durch Gästefahrten und einer jährlichen Spende der Hansestadt Stadt, sowie Sachspenden einiger Firmen.
Als nach Aufnahme der Bodenplatten im Nassraum (das Badezimmer) im Bug die Spanten in Augenschein genommen wurde, stellte sich heraus, dass die dortigen Spanten nach über 95 Jahren Lebenslauf am Ende waren. Während des Aufenthalts auf der Flint-Werft in Hamburg wurden die Spanten ersetzt. Im Zuge der nötigen Entkernung wurde die Einrichtung und der Boden neu in Holz gestaltet.
Bedingt durch organisatorische Umstände und Zeitmangel verkam das Schiff zu einem jämmerlichen Anblick. Aufgrund dessen traten die Stadtväter an Joachim heran mit der Anfrage, das Schiff instandzusetzen oder es würde über einen Verkauf nachgedacht. Das bekamen auch Teile der ehemaligen Crew mit, die zwar immer noch in Stade wohnten aber aus beruflichen Gründen nicht mehr soviel Zeit für die aktive Mitarbeit hatten. So kam es, dass sich im April einige von ihnen am Hafen einfanden und mit der mit einer Auffrischung begannen. Was anfangs so harmlos begann, entwickelte sich in den schnell zur ersten kompletten Restauration seit 1985. Fast jeden Tag wurde abwechselt (schließlich gibt es auch Leben neben der „Wilhelmine“) an dem Schiff gearbeitet. Überwältigt von dem Eifer der Crew beschloss Joachim auch wieder anzuheuern. Zum Ende im August waren die ehemals schwarzen Masten, Gaffeln und die Bäume abgezogen und leuchteten lackiert in der Sonne. Zudem wurde an dem Schiff selber so ziemlich jede Schraube bewegt, was zwischendurch aufgrund der allgemeinen Ermüdung der Helfer nicht immer leicht war (da ich einer der Helfer war, kann ich das nur bestätigen...) und das Rigg wurde überholt. Dennoch waren alle Beteiligten nach über 2000 Arbeitsstunden zufrieden mit dem Ergebnis. Das hölzerne Beiboot von 1985 wurde aus seinem jahrelangen Leben als Blumentopf im Garten befreit und so instand gesetzt, dass es wieder nutzbar ist. Nach Abschluss der Arbeiten führte die erste Tour bei stahlenden Sonnenschein nach Krautsand... An dieser Stelle noch mal einen herzlichen Dank an die Stadt, ohne deren finanzielle Unterstützung das Ergebnis nicht zu erreichen gewesen wäre.
Trotz der vielen Arbeit blieben die vier Monate bei den Beteiligten als schöne Zeit mit abendlichen Grillen oder nur mit einer gemütlichen Entspannungsrunde nach Feierabend in Erinnerung.
Bereits im Jahre 2000 ist Joachim Fielitz aufgrund seines Ruhestands von seinem Posten als Rektor der Hauptschule Hohenwedel auch auf der „Wilhelmine“ „von Bord gegangen“. Das Projekt lag nun in den Händen der nachfolgenden Generation. Da junge Leute auch viele neue Ideen haben, beschloß man wohl aus der Laune heraus (an den genauen Hergang konnten sich die Beteiligten nicht mehr erinnern...) während des planmäßigen Werfaufenthaltes auf der Werft in Wischhafen dem Schiff einen farblich veränderten Außenanstrich zu verpassen:
Der seit 1985 bestehende markante türkise Streifen wich einem blauen Anstrich und der schwarze Rumpf strahlte im leuchtenden Weiß. Nach Beendigung anderer Arbeiten fuhr die Crew in dem Glauben etwas längeres Geschaffen zu haben, das Schiff zurück nach Stade.
Doch Teile der Stader Bevölkerung freundeten sich nicht mit neuem Aussehen an. Nach Protesten, wo denn die „Wilhelmine“ ist (durch die neue Farbgebung wurde sie nicht erkannt) und nicht allzu positiven Äußerungen im Rathaus und bei Joachim, bekam das Schiff den alten Anstrich zurück. Damit kehrte dann wieder Ruhe ein und das Thema „Umstrich“ wurde nie wieder aufgegriffen...
Das Schicksal der „Wilhelmine“ wurde in der Mitte des Jahres auf eine harte Probe gestellt. Während des Sommertörns fiel die Maschine aus und konnte aus Eigenleistung nicht mehr in Gang gebracht werden. Nach Anfragen bei der Stadt erklärte diese sich bereit die damals fast 70 Jahre alte Maschine in Reparatur zu geben. Doch leider war die Reparatur von der Firma nicht fachmännisch ausgeführt worden. Nach kurzer Zeit stellte der Motor die Arbeit ein und
diesmal für immer...
Aufgrund der Haushaltslage der Stadt Stade sah erst so aus, als ob das Schicksal der „Wilhelmine“ 11 Jahre nach der Wiedergeburt besiegelt sei. Das wollten die Eltern nicht hinnehmen und sprachen sich während der öffentlichen Ratssitzung, in der die Zukunft der „Wilhelmine“ Thema war, gegen das Ende des Schiffes aus. Sie sollten damit Erfolg haben, denn einige Monate später kam die neue Maschine: ein luftgekühlter 60 PS Motor der Werke Hatz. Der alte Jastram blieb auf der Flint Werft.